Alles begann im Roten Meer. (Es ist ja hinlänglich bekannt, dass sowieso alles im Meer begann, wenn auch nicht unbedingt im Roten. Doch darauf soll hier nicht eingegangen werden. Der Zusammenhang ist mir nur beim Schreiben in den Sinn gekommen.) Also noch einmal – alles begann im Roten Meer und zwar beim Tauchen im Juni 2000 irgendwo vor Safaga. Das Wasser war warm, die Sicht gut und mit zwei ineinander verschlungenen Kreisen und einem Fragezeichen auf einer Unterwasser-Schreibtafel, fragte ich Antje, ob sie denn Lust hätte, meine Frau zu werden. Sie hatte.

Doch wo nun heiraten? Etwas Besonderes sollte es schon sein, nicht so eine mufflige Amtstube, wie sie mir immer vor meinem geistigen Auge erschien. Auch etwas, was in der heutigen Zeit noch nicht jedermann kennt oder schon einmal gesehen hat. Es gab Ideen wie zum Beispiel eine Hochzeit im Eishotel in Schweden oder aber beim Fallschirmspringen – aber halt, dann hätte ich jemand anderen heiraten müssen. Antje hätte ich nie im Leben an einen Fallschirm bekommen. Dann kam der eine Einfall – warum nicht unter Wasser heiraten? Gefragt habe ich ja schliesslich auch dort. Dazu muss gesagt werden, dass wir im Grunde unterschiedliche Interessen haben. Doch es gibt eine gemeinsame Teilmenge – Tauchen und Australien. Zählt man nun 1 und 1 zusammen, ergibt sich eine Unterwasserhochzeit am Great Barrier Reef in Australien. Logisch, oder?

Die Gegend stand somit fest, das Medium ebenfalls, fehlte noch ein Datum. Die Zeit der Cyclone wollten wir meiden (die stürmische Hochzeitsnacht hingegen nicht). Ausserdem sollte das Datum leicht zu merken sein – man wird ja auch nicht jünger. Und irgendwann kann man auch die Gravur im Ring ohne Lupe nicht mehr lesen. Der 6. Juni sollte es dann sein. Jetzt fehlte eigentlich nur noch die Kleinigkeit der Organisation der Zeremonie und der anschliessenden Hochzeitsreise. Die eigentliche Hochzeit erwies sich als schwieriger als ursprünglich gedacht. Entweder hatten die Agenturen diese Art von Hochzeit aus dem Programm genommen, boten nur „wir-heiraten-am-Strand-unter-einer-Palme“ an oder aber verlangten so unglaublich viel Geld, dass wir dachten, wir hätten uns damit in das Unternehmen eingekauft.

In dieser Zeit lernten wir Gerhard von Palmcove-Online kennen. Sein Angebot war fair und in der Korrespondenz machte er auf uns einen lockeren Eindruck. Die Details waren relativ schnell geklärt. Nun also auf in den Behördendschungel. Beim Central Registrar des jeweiligen Staates, in dem man heiraten möchte, beantragt man ein „notice of intended marriage“. Das Aufgebot, nehme ich an. Die Adresse findet man im Internet. Unser Aufgebot bestellten wir Fax. In Deutschland besorgt man sich eine internationale Geburtsurkunde und eine Ehefähigkeitsbescheinigung. Was für ein Name! Und vor allem, was soll man sich denn bitte darunter vorstellen? Muss Antje dort einen Kuchen backen und ich Hemden bügeln? Fragen über Fragen. Bald bekamen wir Post aus Australien – die notice. Beim Lesen des Kleingedruckten, sprang mir ein Satz ins Auge. Die Notice muss im Beisein eines australischen Offiziellen unterschrieben werden. Ganz gleich von wem. Entweder Botschaftsmitarbeiter, Notare, Rechtsanwälte oder auch Polizisten. Verdammt – wo bekommt man in Düsseldorf einen australischen Polizisten her? Und wir wollen hier nicht vergessen, dass die Botschaft kurz zuvor von Bonn nach Berlin zog. Nun gut, nach Berlin wollten wir halt immer schon mal wieder fahren. Schlussendlich schickt man die notice zusammen mit den internationalen Geburtsurkunden und Kopien der Reisepässe an den Celebrant, der die Zeremonie vor Ort durchführen wird. Der Rest ist „normale“ Urlaubsplanung…

Die Nacht zum 06.06. verbrachten wir in unserem Bushcamper auf Ellies Beach Caravan Park direkt am Strand. Ellies Beachs liegt nördlich von Palmcove was wiederum nördlich von Cairns zu finden ist. Wir haben beide nicht besonders gut geschlafen. Wahrscheinlich vor Aufregung. Mit Sicherheit aber auch wegen der leichten Erkältung, die wir uns bei der Zwischenlandung in Singapore geholt haben. Ein wenig heftiger und wir hätten das Tauchen vergessen können. Trotz allem haben wir schön gefrühstückt und uns anschliessend in Schale geworfen. Was eigentlich ein normaler Vorgang ist, nämlich in ein Kleid zu steigen oder Hemd und Fliege anzulegen, wirkt auf einem Zeltplatz schon seltsam. Hat aber niemand gesehen, da es noch reichlich früh war. Derart „getuned“ begaben wir uns zu Nikki und Gerhard, unseren Trauzeugen. Dort wartete auch schon die Stretch-Limousine, die uns alle von Palmcove zum Jetty nach Cairns brachte. Hier sollten wir vom Auto auf ein Boot umsteigen.

Bei dem Boot handelte es sich um ein normales Tauch-Boot (Nein – kein U-Boot). Die übrigen Passagiere wollten einfach nur tauchen. Mit unserem Outfit riefen wir zuerst wohl nur Verwunderung hervor, die sich jedoch schnell in ein grosses Hallo wandelte, als man den Grund erfuhr. An Bord lernten wir auch Marianne, unseren celebrant kennen. Sie zeigte uns die Rede, die sie für die Zeremonie vorbereitet hatte. Sogar Neptun kam darin vor. Diese Rede sollte unter Wasser vorgelesen werden – Marianne hatte die benötigte Ausrüstung gleich mitgebracht. Sie konnte sprechen und wir anderen über Ohrhörer lauschen. Wenn mal bloss diese unidirektionale Kommunikation kein Vorzeichen für die Ehe war. Ansonsten hat man auf der Fahrt zum Thetford Reef (S 16° 48.391; E 146° 10.429) Zeit gehabt, sich um die kleinen, jedoch nicht weniger wichtigen Details zu kümmern, die da zum Beispiel wären, ob das Kästchen mit den Ringen unter Wasser auch aufzubekommen ist.

Am Riff angekommen, folgte die übliche Tauchprozedur. Ausrüstung zurechtlegen, ein kurzes Briefing und hinein in den Neo. Äh, zumindest zog ich einen Neo an, wohingegen Antje aus modischen Gründen auf einen solchen verzichtete. Bei 26°C Wassertemperatur kostete das nicht einmal viel Überwindung. Der Ablauf der folgenden Minuten wurde noch kurz abgesprochen und schon kurze Zeit später planschte eine illustre Gesellschaft im Wasser – jeder hatte irgendein festliches Kleidungsstück an. Insgesamt waren wir sechs Personen. Marianne, der celebrant, Nikki und Gerhard, Antje, ich und wie ein Satellit schwamm Katy um uns herum, um Videoaufnahmen zu machen. Ihr haben wir auch die Fotos auf dieser Seite zu verdanken. Es ging die ersten Meter hinab. Cool – der Druckausgleich funktioniert. Konnte uns der leichte Schnupfen also nichts anhaben und nach all der Planung doch noch einen Strich durch die Rechnung machen. Eine geeignete Stelle für die Zeremonie war auch bald gefunden. Nur noch schnell nachsehen, ob man sich nicht zufällig auf einen Steinfisch oder Rochen knien will. Alle an ihrem Platz?

Gut, dann kann man ja die Luft aus dem Jacket ablassen, damit man nicht während der Rede davonschwebt. Marianne hub nun also an, die Rede zu verlesen und wir lauschten gebannt ihren Worten. Weniger eigentlich des aktiven Zuhörens wegen, als vielmehr um den Einsatz nicht zu verpassen. Bei einer australischen Trauung sagt man nicht einfach „Ja, Ich will“, sondern man antwortet „Yes, I will“ (HaHa, ich wusste, dass jetzt kommt „Natürlich sagt man das auf englisch, Du Trottel“), „Yes, I do“ und „Yes, it is“ auf die entsprechenden Fragen. Der aufmerksame Leser oder Bildbetrachter wird sich jetzt erinnern, dass rein technisch eine Kommunikation von uns in Richtung celebrant nicht vorgesehen war. Also nahmen wir den Automaten aus dem Mund und schmetterten unser Antworten in das Wasser hinein. Da sich Schall ja bekanntlich im Wasser sehr gut ausbreitet, waren unsere pro-Ehe Bekundungen sicherlich in sämtlichen Atom-U-Booten auf den Weltmeeren zu vernehmen.

Wer sich mit Hochzeiten auskennt, weiss, dass jetzt die Ringe an der Reihe waren. Bitte korrigiert mich, wenn ich falsch liege, aber ich denke wir Deutschen sind die einzigen, die die Eheringe auf der rechten Hand tragen, oder? Ich schiebe also Antje ganz zärtlich den Ring auf den Finger, als es promt aus dem Lautsprecher tönt: „Wrong Hand!“. War halt meine erste australische Hochzeit. Nachdem mein Ring an der richtigen Hand funkelte, tauschten wir Antjes Ringfinger ebenso aus. Für Marianne schien nun alles seine Ordnung zu haben, denn sie erklärte uns nunmehr zu Frau und Mann und wir durften mit hochoffizieller Erlaubnis küssen. Wir können nun ohne gross zu übertreiben behaupten, geküsst zu haben, bis wir atemlos nach Luft rangen. Plötzlich waren überall Fische, der grösste von ihnen machte sich promt am Brautstrauss zu schaffen und schaffte es, sich einen Lunch zu holen. So etwas Freches – frisst einfach den Strauss an. Der offizielle Teil endete nun mit der Unterzeichnung der Heiratsurkunde (auf wasserfestem Papier) von allen Beteiligten. Nach einem prüfenden Blick auf das Finimeter, entschlossen wir uns, zusammen noch ein wenig im Korallengarten zu tauchen.

Zurück an Bord gab es eine Flut von Glückwünschen. Wir hatten es also tatsächlich geschafft – wir haben in 13 Metern Tiefe am Great Barrier Reef geheiratet. Jetzt war erst einmal eine Stärkung fällig. Anschliessend bereiteten wir unseren zweiten Tauchgang vor, bei dem uns wiederum Katy begleitete. Diesen Tauchgang haben wir so richtig genossen, da die ganze Anspannung einfach wie weggeblasen war. Wobei man von grosser Anspannung eigentlich nicht sprechen kann. Wer schon einmal getaucht ist, wird bestätigen, dass man wirklich in eine andere Welt hinabgleitet, in der einfach ein anderer, langsamerer Rhythmus herrscht. Es gibt keine hektischen Bewegungen, der Puls beruhigt sich und man entspannt sich. Für uns ein sehr schöner Nebeneffekt einer Unterwasserhochzeit.

Nach Beendigung des zweiten Tauchganges wurden auf diversen Dokumenten noch einige Unterschriften geleistet, bevor wir die Korken knallen liessen. Mit drei Jumboflaschen australischen Sektes wollten wir mit allen Anwesenden auf unsere Ehe anstossen. Es gab noch einen Toast auf englisch, einen auf deutsch und einen auf japanisch, wobei ich keine Ahnung habe, was er wirklich gesagt hat. Und so freuten wir uns, die anderen freuten sich mit uns und sogar die Sonne lachte, als wir Cairns entgegenfuhren.

In Cairns wartete auch schon die Limousine, die uns zurück nach Palmcove bringen sollte. Dort bestiegen wir wieder unseren Bushcamper und fuhren zum Sebel Reef House, wo wir uns für die Hochzeitsnacht eine Suit gemietet hatten. Und was für eine Suit. Riesengross, mit grosser Terrasse und eigenem Whirlpool auf der selbigen. So sehr der Pool auch lockte – uns knurrte der Magen. Unten im Restaurant hatte man für uns einen Tisch an der Strandpromenade reserviert. Und so genossen wir unser Dinner mit dem berühmten Blick aufs Meer, das an diesem Tag eine so bedeutende Rolle für uns gespielt hat. Ok, es war mittlerweile dunkel – aber wer wird an so einem Tag schon kleinlich sein.