Während ich diesen Artikel schreibe tobt draussen vor dem Fenster der Sturmwind und peitscht dicke Regentropfen gegen die Scheibe. Bei gefühlt jeder zehnten Windbö habe ich das Gefühl, das Dach verabschiedet sich. Eigentlich sollte Winter sein, doch das draussen ist fieser Herbst. Da wäre man doch lieber woanders. In Australien zum Beispiel. Wie Maximilian Semsch…

Gut, ich könnte mir etwas anderes vorstellen, als mit dem Fahrrad durch den roten Kontinent zu fahren, aber Maximilian fährt ja eigentlich auch kein Fahrrad sondern ein eBike. Trotzdem wäre das nichts für mich. Die Route schon – einmal rum um Australien.

Seit Neujahr ist Maximilian unterwegs. Die Tour startete am Sydney Opera House und soll dem Highway 1 im Uhrzeigersinn folgen. Ich bin schon ein wenig gespannt über seinen Bericht über die Befahrung der Nullabor Plain. Das Ziel ist, Ende Juni wieder in Sydney anzukommen.

Von unterwegs hält Maximilian Interessierte über verschiedene Kanäle auf dem Laufenden. Per Twitter und Facebook soll es updates geben sowie jeden Freitag ein Kapitel im Video-Tagebuch auf der Website www.what-a-trip.com.

Dies ist nicht die erste lange Radreise von Maximilian. Er war bereits von München bis Singapur unterwegs – und die Videokamera war immer mit dabei. Das Resultat ist ein interessantes Videotagebuch einer aussergewöhnlichen Reise. Der Film ist zudem bei Wettbewerben recht erfolgreich unterwegs gewesen und gewann unter anderem den Bayrischen Nachwuchs Filmpreis 2010.

Vor seiner Abreise nach Australien hatte ich die Gelegenheit, Maximilian einige Fragen zu stellen.

Zu Beginn des Filmes “What a trip – mit 15 km/h bis ans Ende der Welt” sagst Du, Du willst etwas außergewöhnliches erleben, erfahren, wer Du bist. Hast Du es erfahren?

Gerade auf so einer langen Tour, auf der ich alleine unterwegs war, ist man wirklich gezwungen sich mit sich selbst auseinander zu setzen. Da sitzt man acht Stunden pro Tag auf seinem Rad und hat niemanden mit dem man sich unterhalten kann. Andere gehen vielleicht für ein paar Wochen in ein Schweigekloster und ich fahre halt mit dem Rad um die halbe Welt. Ich denke der meditative Effekt ist der selbe.

Was hat sich geändert in Deinem Leben seit der Reise nach Singapore? Bist Du jetzt Berufsabenteurer?

Ja mittlerweile lebe ich als Berufsabenteurer. Was sich für mich nach der Reise geändert hat, dass ich nun auch in stressigen Situationen Ruhe bewahre. Da ich auf der Reise einige gefährliche Situationen hatte, wie LKWs in Russland, die mit wenigen Zentimeter Abstand ungebremst an mir vorbeigerauscht sind oder ohne Wasser in der Wüste Kasachstans zu stehen, sieht man die Dinge danach aus einem Blickwinkel und viel lockerer.

Hand aufs Herz – im Film gibt es zwei Szenen, wo die Motivation bei Dir sichtlich im Keller ist. Wie oft wolltest Du das Fahrrad in die nächste Schlucht werfen?

Diese Momente gab es in sieben Monaten natürlich zuhauf. Ich hatte natürlich auch Tage an denen ich nicht so gut drauf war oder mich körperlich nicht 100% fit gefühlt habe. Wenn ich dann an dem Tag 120 km bei Gegenwind zu fahren hatte, habe ich mich oft gefragt warum ich das eigentlich tue und wäre am liebsten in den Bus eingestiegen.

Apropos Ausrüstung – abgesehen vom Fahrrad, was denkst Du war der Ausrüstungsgegenstand, den Du am wenigsten missen möchtest?

Ich würde sagen mein MP3-Player, gerade auf sehr einsamen und trostlosen Streckenabschnitten hat mich Musik vor dem Durchdrehen bewahrt.

Mit welcher Kamera sind die Aufnahmen entstanden und wie hast Du das Filmmaterial nach Hause bekommen?

Mit einem kleinen HDV Camcorder. Ich habe auf Mini-DV Bänder aufgezeichnet und diese alle paar Wochen versichert nach Deutschland geschickt, da ich keine Möglichkeit hatte die Bänder zu kopieren oder zu sichern. Alle Bänder sind übrigens gut angekommen.

Man sieht viele Szenen, wo Du an der Kamera vorbei fährst. Nun warst Du ja alleine – wie viele Extra-Kilometer hat dich das Zurückholen der Kamera gekostet?

Neben sieben bis acht Stunden Rad fahren, musste ich mir pro Tag auch noch zwei bis drei Stunden Zeit nehmen alles filmisch festzuhalten. Gefühlt waren es sicherlich einige hundert Kilometer, die ich so extra gemacht habe.

Kommen wir zum nächsten Abenteuer – Mit dem e-Bike rund um Australien. Ein wenig neidisch bin ich ja schon. Ihr braucht nicht zufällig noch Support vor Ort, so als Zelt-Aufsteller oder e-Bike-Akku-Prüfer? ;-)

Wir haben einen zweites komplett identisches E-Bike mit dabei. Unsere Idee ist immer wieder Gäste einzuladen, die mich dann auf dem zweiten Rad begleiten. Wenn du also gerade in Australien bist, sag Bescheid, dann kannst du mit mir ein paar Tage gemeinsam radeln.

Am 01.01.2012 wollt Ihr in Sydney starten. Schaut Ihr Euch das grandiose Feuerwerk zum Jahreswechsel in der Nacht an?

Aber natürlich. Ganz besonders freue ich mich darauf Weihnachten und Neujahr im Hochsommer zu feiern, bei weit über 30 Grad.

Was war diesmal der Auslöser für die Tour?

Ich wollte etwas neues machen, aber gleichzeitig nicht auf das Fahrrad als Fortbewegungsmittel verzichten. Nachdem ich einmal ein E-Bike auf dem Testparkour einer Messe gefahren bin, war ich von dem Fahrspaß sofort begeistert. In den nächsten Wochen habe ich mich dann gefragt, ob es wohl möglich ist, damit eine 18.000 Kilometer lange Reise zu unternehmen. In Kürze werde ich es herausfinden.

Die breite (Internet-)Öffentlichkeit kann an der Tour teilhaben. Welche Möglichkeiten gibt es, Euch virtuell zu begleiten?

Neben den gängigen Medien wie Facebook, Twitter und meinen Blog, wird das besondere unserer Reise das wöchentliche Videotagebuch sein, mit dem wir aus Australien berichten. Jeden Freitag wird es auf www.what-a-trip.de die neue Folge zu sehen geben. Die erste Folge gibt es am 16.12.11 zu sehen.

Ich wünsche Euch auf jeden Fall viel Erfolg und Spass auf der Tour.
Danke für das Interview.