Ich höre immer wieder, dass Urlauber, die die Insel Rügen noch nicht kennen, überrascht sind, wie hügelig es hier sein kann. Auch in unserem Bekanntenkreis gibt es Leute, die vielleicht eine flache Insel in der Ostsee vor Augen hatten und dann auf dem Fahrrad ordentlich ins Schnaufen kamen. Gerade im Südosten der Insel kann man zum Beispiel in der Granitz ganz ordentlich Höhenmeter auf das Tacho bekommen.

Anfang Juni bin ich zu einem Kurzbesuch auf der Insel und habe Laufklamotten und Mountainbike mitgenommen. Die Idee zu einer größeren Laufrunde entstand bereits zu Hause und die grobe Route hatte ich im Kopf. Also nach dem Frühstück die Laufschuhe geschnührt und los. Es sollte die schönste Runde werden, die ich bisher gelaufen bin…

Startpunkt ist Altensien am Selliner See. Hier gibt es einen Feldweg, den ich noch aus meiner Kindheit kenne. Der Weg ist frisch gemäht und so geht es leicht ansteigend zum sogenannten Preller Busch. Linkshaltend erreicht man bald das Asphaltband des Rad- und Wanderweges, wo ich rechts weiter laufe in Richtung Seedorf. Im Ort biege ich links ab und laufe am Yachthafen vorbei in Richtung Ortsende. Ein Schild warnt hier vor Schlangen und ich erinnere mich, dass es hier Kreuzottern geben soll.

Obacht auf dem Weg – hier gibt es Kreuzottern

Der Lauf folgt nun dem Wanderweg teils unten am Wasser über einen schmalen Pfad oder über einen Brettersteig und teils weiter oben am Hang. Die ersten Höhenmeter kann man sich hier schon einmal erarbeiten. Wenn sich links die Treppe zur Moritzburg zeigt und man die Häuser vorraus erblickt, hat man Moritzdorf erreicht. Für eine Pause ist es noch zu früh und so laufe ich weiter durch den Ort, bis ein Schild auf die Fähre hinweist. Seit 1891 besteht hier eine Ruderfährverbindung über die an dieser Stelle nur 50m breiten Baaber Bek. Ich lasse mich hinüberrudern und laufe Über den Deich Richtung in Richtung Baabe und dort über die Promenade an den Strand.

Die Ruderfähre in Moritzdorf

 

Im feinen weissen Strandsand läuft es sich eher blöd in den Schuhen und dort, wo der Sand fester ist, schlagen die Wellen an den Strand. Also Schuhe und Socken aus und es geht barfuß in Richtung Selliner Seebrücke. Die Treppe an der Seebrücke gehe ich hoch und gönne mir oben auf einer der Bänke einen Energie-Riegel und lege die Fußbekleidung wieder an.

Zum Glück musste ich hier nur die Schuhe ausziehen…

Von hier geht es über den Hochuferweg in Richtung Binz. Im Schatten der Bäume der Granitz schlängelt sich der Weg hoch oben am Steilufer entlang. Es geht bergauf und bergab, über Treppen und Wurzeln und ab und an gewährt der Weg einen schönen Blick auf die Ostsee. An den Resten der alten Waldhalle – einem ehemaligen Ausflugslokal – wendet sich der Weg vom Hochufer ab und führt zum Schwarzen See. Hier muss ich einfach einen Abstecher zum See machen handelt es sich doch um einen ziemlich magischen Ort.

Der schwarze See in der Granitz

Der Weg ist nun ein breiter Rad- und Wanderweg, der mich bald zur Kreuzeiche führt. Hier habe ich die Wahl – nach Sellin, zum Jagdschloss Granitz oder den nicht markierten Weg. Ich entscheide mich für das Jagdschloss. Auf Höhe des Grabes des finnischen Kriegers erreicht mich eine Nachricht mit der Frage, ob ich es zum Mittag nach Hause schaffen würde. Nun heisst es Prioritäten zu setzen. Kehrt marsch und in den nicht ausgeschilderten Weg. Ein Fehler, wie ich bald bemerke, denn über diesen komme ich zum Bahnhof Garftitz, was für mich bedeutet, den restlichen Weg nach Hause auf einem Asphaltband zu laufen. Am Bahnübergang kündigt nahes Schnaufen den rasenden Roland – die Rügener Schmalspurbahn an. Kurz überlege ich, ob ich einfach einsteigen und eine Station mitfahren soll.

Der rasende Roland

Nach knappen zwei Stunden und fünfzig Minuten stehe ich wieder in Altensien, habe 22 Kilometer in den Beinen und dabei ungefähr 245 Höhenmeter absolviert. Doch am meisten geflasht hat mich die Abwechslung auf dieser Strecke – barfuß am Strand, Schotter, Asphalt, Stock und Stein. Unten am Wasser oder hoch oben auf der Steilküste.

Ich wusste ja, dass Rügen durchaus hügelig ist. Aber nun nehme ich die Insel auch als hervorragendes Trailrunning Revier dar.