Nach unserer Besteigung des Finsteraarhorn sind wir am darauffolgenden Tag zur Oberaarjochhütte gelaufen. Von dort bietet sich die Besteigung des 3631 Meter hohen Oberaarhorn an, welches unmittelbar hinter der Hütte liegt. Die Tour beginnt also direkt vor der Haustür ohne langen Zustieg. Am Abend vorher hat es leicht geschneit und eine bis zu zehn Zentimeter dicke Flockenpracht bedeckt die Felsen.
Es ist sehr beliebt, die Tour bereits in der Nacht zu beginnen und dann den Sonnenaufgang auf dem Gipfel zu geniessen. Doch diese Option kommt uns nicht in den Sinn, auch wenn wir vielleicht früh genug wach gewesen wären – ich zumindest. Die Nächte auf 3258 Metern über Null waren jetzt nicht gerade von erholsamem Schlaf geprägt und ich liege oft wach mit dem Gefühl, nicht genug Luft zu bekommen.
Nach einem typischen Frühstück aus selbst gebackenem Brot und Birchermüsli legen wir kurz nach neun Uhr die Ausrüstung auf der Terrasse der Hütte an. Wie gesagt, die Tour beginnt quasi direkt vor der Haustür und ist nicht allzu lang. Uns treibt nichts.
Bereits von unten kann man die gute Markierung der Route erkennen, so dass wir direkt los kraxeln. Die Route weist keine nennenswerten Kletterschwierigkeiten auf. Allerdings ist es relativ steil und der frisch gefallene Schnee sorgt für zusätzliche Abwechslung. Christiane fühlt sich in diesem kombinierten Terrain aus Fels und Schnee unwohl und entschliesst sich, umzukehren. Burkhard geleitet sie zur Hütte und schliesst danach wieder zu Dietmar und mir auf.
Das Wetter ist noch in Ordnung. Zumindest bei uns. Am Himmel hängen nur ein paar Schleierwolken und die Sonne scheint uns ins Gesicht. Doch wir können die Wolken schon sehen, die in unsere Richtung getrieben werden.
Der untere Teil der Route verläuft mehrheitlich durch Blockgelände, wo größere Felsblöcke, lose Platten und Geröll das Bild prägen. Und das ganze überzuckert mit bereits erwähntem Schnee. Der Weg ist jedoch, aufgrund der sehr guten Markierung, einfach zu finden. Ein großer Steinmann bedeutet den Übergang in ein kurzes Schneefeld, welches allerdings keine Hürde darstellt. Dieser Steinmann ist die letzte Markierung, die wir auf dem Weg zum Gipfel sehen.
Die Sicht wird schlechter und ich stelle die Frage nach einem Umkehrpunkt in den Raum. Doch angesichts der Kürze der Tour und der eher geringen Schwierigkeiten bin ich wohl der einzige, der sich diese Gedanken macht. Dietmar meint noch, so lange es nicht schneit, haben wir auch kein Problem.
Kurze Zeit später fängt es leicht an zu schneien.
Doch die anderen haben Recht, es besteht kein Grund, sich unnötig Gedanken zu machen. So weit sind wir nicht von der Hütte entfernt.
Den nun folgenden felsigen Abschnitt durchqueren wir ohne Markierung. Obwohl der Weg relativ klar ist, wundern wir uns, dass die Route bisher super markiert war, doch nun kein Farbklecks mehr zu sehen ist. Ich scoute kurz nach links, doch hier wartet ein jäher Abgrund. Also gerade hoch.
Nach dem kurzen felsigen Abschnitt wartet ein weiteres, steiles Firnfeld auf uns. Die Sicht ist immer noch mies, der Wind pfeift und Schneeflocken fliegen waagerecht an uns vorbei. Ich folge Spuren, die direkt in Falllinie das Firnfeld empor ziehen, welches zum Gipfel hin etwas steiler wird.
Dann taucht der obere Teil des Gipfelkreuzes aus dem Nebel auf. Ein paar Schritte noch und ich stehe in der Mulde zwischen Schneewächte und Gipfelkreuz. Hier ist es zumindest ein wenig windgeschützt. Wir sind oben!
Trotz der ungemütlichen Bedingungen posieren wir für ein Gipfelfoto – so viel Zeit muss sein! Doch wir halten uns nicht lange auf und begeben uns bald auf den Abstieg, der über die gleiche Route erfolgt. Teilweise hat der Wind und der Schneefall unsere Spuren schon gut wieder verwischt.
Der Abstieg zur Hütte verlief problemlos und zum Mittag waren wir wieder an der Oberaarjochhütte. So hatten wir am Nachmittag noch Zeit für weitere Abenteuer. Aber davon berichte ich in einem anderen Beitrag.
Toller Beitrag! Gerade erst über Google gefunden.