Mittlerweile ist es ja fast schon eine lieb gewonnene Tradition, dass ich im Rahmen des Outdoor-Blogger Adventskalender einen Schwank aus meiner Jugend erzähle. Das Alter, dieses mit einem guten Gewissen zu tun, habe ich mittlerweile erreicht. Hier ist also mein Beitrag zum Outdoor-Advent 2017 und mit diesem öffne ich das 20. Türchen. Über einen Beitrag zu den Anfängen meiner Outdoor Leidenschaft habe ich schon seit geraumer Zeit nachgedacht und dies scheint mir nun die geeignete Gelegenheit zu sein, Euch mit ein paar Anekdoten zu unterhalten.

Wie alles begann

Das aus mir einmal ein Outdoor-Freak werden würde, war so nicht abzusehen. Camping stand in meiner Kindheit nicht auf dem Program und wir waren auch keine wanderwütige Familie. Im Gegenteil – ich erinnere mich, dass wir in den Ferien fast immer bei Oma und Opa auf dem Land gewesen sind, wo die Dörfer unser Spielfeld waren. Im Sommer ging es meist auf die Insel Rügen und da war dann Hardcore-Strandurlaub angesagt. Morgens wurde geweckt und nach dem Frühstück ging es direkt an den – zugegeben traumhaften – (damals noch FKK)-Strand im Südosten Rügens. Dort wurde der Wind- und Sonnenschutz errichtet und der Tag mit Baden, Dösen, Ballspielen und in der Sonne brutzeln verbracht. Damals hat mir das Spass gemacht, heute denke ich, ich habe mein Kontingent an Strandurlaub für mehrere Leben in jenen Ferien schon aufgebraucht.

Wenn es also danach gegangen wäre, hätte aus mir ein Ballermann-Strandtourist werden können. Wobei, ich habe damals schon unterm Sonnenschutz Abenteuergeschichten mit Begeisterung verschlungen.

Unsere Familie verbrachte einige Zeit in Moskau und wir kehrten zurück, als ich 12 Jahre alt war. An einer neuen Schule, mit neuen Klassenkameraden stellte sich irgendwann die Frage, was der Junge denn nun mit seiner Freizeit anstellen soll. Für Fussball war ich schon immer zu dämlich und aus unserer Klasse spielte es ohnehin nur ein Junge. Der Rest der Jungs (mit mir waren es sechs in der Klasse) hatten alle mehr oder weniger mit dem Kanusport zu tun.

Neubrandenburg war schon zu Ostzeiten ein Zentrum des Kanu-Leistungssports und einer von uns war dort tatsächlich noch aktiv und ging jeden Tag zum Training. Die anderen hatten bereits dem Leistungssport den Rücken gekehrt und frönten dem Kanusport weiterhin in einem eher freizeitlich orientierten Verein. Und so fragte ich, ob ich denn nicht mal zum Training mitkommen könne.

Trotz des Freizeit-Charakters hatten wir zweimal in der Woche Training und auch regelmäßig Wettkämpfe bis hin zur DDR-Meisterschaft im touristischen Mehrkampf. An den Wochenenden ging es oft zu Ausfahrten auf die Flüsse und Seen der Mecklenburgischen Seenplatte. Und fast immer wurde gezeltet. Und die Geschichte nahm ihren Lauf.

Unterwegs im Faltboot

Unterwegs im Faltboot

Ich kann mich noch ganz gut an das erste Wochenende auf Tour erinnern. Wir konnten im Bootshaus des gastgebenden Vereins schlafen, brauchten also kein Zelt. Trotzdem sah mein Gepäck aus, als würde ich auswandern wollen. Ich hatte einen riesigen Seesack voller Klamotten, einen dicken und schweren Schlafsack, ein Feldbett und jenes besagte Brot aus der Konservendose dabei. Auch ohne zu wissen, wohin mich die Infektion mit dem Outdoor-Virus führen würde, war mir klar, dass hier unbedingt zu optimieren war. Auf jeden Fall hatte ich Blut geleckt und war fortan immer öfter im Boot unterwegs und am Wochenende meist auf Tour. Gerade jetzt, wo meine Söhne in dem Alter sind, in dem ich damals war, fällt mir auf, dass ich von da an, nicht mehr mit meinen Eltern im Urlaub war, sondern immer nur im Trainingslager, bei Wettkämpfen oder sonstigen Touren.

Mit dem Truppentransport ins Wochenende

Wenn unser Verein zu Fahrten oder zu Wettkämpfen aufbrach, war meistens das große Besteck am Start. Und wir waren ein großer Verein, ein Betriebssportverein um genau zu sein, der auf eine gewisse Infrastruktur zurückgreifen konnte. Wir hatten einen großen Bootswagen, der gemeinsam beladen wurde und der dann an einen W50 LKW mit Pritsche gehangen wurde, auf dem alle mitreisenden Sportler auf Holzbänken Platz nahmen. Die, die aussen saßen, hatten eine Rückenlehne. In der Mitte musste man sich gegenseitig Halt geben. Diese Fahrten waren meist lustig und kurzweilig. Nur, wenn man quer durch die Republik bei Schietwetter fährt, kann es schon mal zäh werden. Dann schlafen nicht nur die Nachbarn ein, sondern auch sämtliche Gliedmassen. Die LKW Plane schlackert im Fahrtwind, sie macht einen Höllenlärm und man kann nicht nach draussen schauen. Sogar bei der Bundeswehr waren wir später bequemer unterwegs. Trotzdem oder gerade deswegen erinnere ich mich an diese Fahrten sehr gerne.

Unser Bootsanhänger und der LKW - Und der junge Outdoor-Spirit beim Posen

Unser Bootsanhänger und der LKW – Und der junge Outdoor-Spirit beim Posen

Wir hatten damals zumeist recht einfache Einwandzelte aus Polyester. Ein Modell hieß „Minipack 1“ und ich habe gerade gesehen, dass es ein solches Modell tatsächlich immer noch gibt. In diesen Schwitz-Höhlen galt es unter allen Umständen zu verhindern, gegen die Aussenwand zu kommen, da dies gerade Morgens Wasserströme zur Folge hatte. Bei einer Belegung mit zwei Mann war das in der kleinen Hundehütte schon eine Kunst.

Aus dieser Zeit stammt auch eine meiner goldenen Regeln des Outdoor-Lebens: „Alles darf naß werden, nur nicht der Schlafsack!“.

Eine andere Regel eines Sportkameraden von damals hat sich dagegen nicht durchgesetzt. Er war der Meinung, dass dreckiges Kochgeschirr dadurch wieder sauber wird, indem man es vergräbt und im nächsten Jahr einfach wieder gereinigt ausbuddelt. Wobei, man möge die Theorie bitte überprüfen und auf dem Gelände der Jugendherberge in Mirow in der Mecklenburger Seenplatte mit einem Metalldetektor nach etwas Geschirr suchen. Bin gespannt, ob es sauber ist.

Action mit dem Faltboot

Unser Standart-Sportgerät war neben den Plastik-Einern das Faltboot. Das man auch mit diesen Faltbooten sportlich unterwegs sein kann, haben wir bei jedem Wettkampf bewiesen. Oben bereits erwähnter touristischer Mehrkampf zum Beispiel bestand zu Ostzeiten aus sechs Disziplinen – Kanu-Sprint, Stechpaddeln, Slalom, Laufen, Schwimmen und Luftgewehr-Schiessen. Nach der Wende wurde das Schiessen aus dem Programm genommen und es wurde ein Fünfkampf aus der Geschichte gemacht. Wie gesagt, die Kanu-Disziplinen wurden auch mit dem Faltboot bestritten und man musste teilweise ganz ordentlich am Paddel ziehen, um das dicke Boot durch die Slalomstangen zu manövrieren.

Slalom im Faltboot

Slalom im Faltboot

Manchmal ging es hierbei ganz schon dynamisch zur Sache und ich habe Faltboote beim Slalom kentern sehen. Einmal zum Beispiel bei den DDR-Meisterschaften in Dessau 1988. Die Kanuwettkämpfe wurden auf dem Fluß Mulde bestritten, einem Fluß, in dem man zu DDR Zeiten wohl Filme durch blosses Eintauchen hätte entwickeln können. Als ich die braune Suppe gesehen habe, ist mir ehrlich gesagt die Lust zum Paddeln vergangen. Durch eine glückliche Fügung hatte mein Zweier-Partner seine Sporttauglichkeitsuntersuchung nicht auf den neusten Stand gebracht und wir wurden noch vor Beginn der Wettkämpfe disqualifiziert. Wir durften also nur zuschauen. Und hier sah ich ein paar Mädels von uns in weissen Klub-T-Shirts beim Slalom kentern und mit braunen Shirts aus dem Wasser steigen.

Ein Stück weiter befand sich ein Wehr. Bei der Einweisung der Kampfrichter wurde uns gesagt, wir sollten uns nach Möglichkeit von diesem Wehr fern halten. Nicht, dass es besonders gefährlich wäre, man könnte es schon fahren. Allerdings stand hinter diesem Wehr der Schaum drei bis vier Meter hoch. Widerlich!

Es gab aber auch andere Fahrten auf der Mulde. Weiter oben nämlich, wo die Verschmutzung offensichtlich noch nicht ganz so ausgeprägt war. Die Zschopau-Mulde Fahrt hatte einen gewissen legendären Ruf bei uns im Verein und irgendwann durften auch wir Jungspunde mitfahren. Die Fahrt war insofern für uns interessant, als es für uns mal auf einen breiteren Fluß mit Strömung und Hindernissen ging. Von Wildwasser will ich gar nicht sprechen, es fühlte sich damals aber so an. Gegen Ende der Tour gab es ein berüchtigtes Wehr, welches auch mit den Faltbooten befahren wurde. Und hier passierte es – meine erste und einzige Kenterung in einem Faltboot.

Kenterung am Wehr - Das bin zwar nicht ich, aber das Wehr ist das gleiche

Kenterung am Wehr – Das bin zwar nicht ich, aber das Wehr ist das gleiche

Wir sind das Wehr wohl ein wenig schräg angefahren, nach der Wehrkante schräg im Unterwasser aufgeschlagen und folgerichtig gekippt. Ich weiß noch, wie ich irgendwie nicht aus dem Boot gekommen bin, weil meine Beine in der Spritzdecke verheddert waren. Irgendwann waren wir jedoch raus und schwammen an Land, wo die anderen uns bereits zu Hilfe kamen. Zu jener Zeit hatten wir für solche Fälle immer Wechselklamotten wasserdicht verpackt im Boot. Also Boot leeren, umziehen und weiter. Doch weit gefehlt. An der Wehrkante hatten wir uns die Bootshaut ein paar Zentimeter aufgeschlitzt. Das musste repariert werden, bevor wir weiterkonnten. Doch auch hierfür war man vorbereitet. Es brauchte nur einen Juwel Benzinkocher, ein altes Messer und eine Rolle von dem Bootshautmaterial. Der Flicken wurde mit dem erhitzten Messer einfach mit der Bootshaut verschmolzen. Gut, das hat eine Weile gedauert, aber nach der verdienten Pause ging es mit dem frisch geflickten Boot dann weiter.

Damals noch ohne Neopren

Damals noch ohne Neopren

Apropos Wechselklamotten – ich meine, jene Zschopau-Mulde Fahrt fand 1989 statt und dort nahmen auch Paddler aus dem Westen teil. Ich weiss noch, wie wir uns köstlich amüsiert haben, als diese im Neopren, mit Helm und Schwimmweste in ihren coolen Booten paddelten. Im Vergleich zu unseren Trainingsanzügen sahen die Jungs ein wenig overdressed aus.

Heute paddle ich genauso durch die Gegend, ich bin wohl gut integriert.

Viel Zeit ist seit diesen Tagen vergangen. Die Interessen haben sich gewandelt, Wildwasser und Berge sind hinzugekommen, das Wanderpaddeln trat in den Hintergrund. Geblieben ist die Liebe zum Campen, der Idee des Draussenseins im ureigensten Sinne. Camping ist und bleibt für uns die erste Wahl, wenn es um den Urlaub geht. Ein einziges Mal haben wir den Urlaub in einer Ferienwohnung verbracht. Die Kinder wurden mit ins Zelt genommen, da waren sie noch kein Jahr alt.

Forever Camping

Forever Camping

Eine letzte Anekdote fällt mir da noch ein, dann ist aber wirklich Schluss. Nach Abschluss des Studiums wurde ich von Schwiegervater in spe gefragt, ob denn jetzt, wo wir Geld verdienen würden, Schluss sei mit Camping und Co. Ich muss ihn angeschaut haben, wie die Kuh wenns donnert. Im Gegenteil, jetzt konnte ich mir endlich all die tolle Ausrüstung aus dem Globetrotter Katalog leisten!


outdooradventlogo

Dieser Beitrag ist Bestandteil des Outdoor-Blogger Adventskalenders 2017. Jeden Tag öffnet sich ein anderes Türchen mit den unterschiedlichsten Geschichten, Anregungen oder auch Filmchen. Dies war das 20. Türchen. Hinter dem 19. verbargen sich gestern Tipps für ein genussreiches Winterwandern und morgen öffnet bergorama.de das 21. Türchen. Die Idee stammt von Sven von aufundab.eu, auf dessen Seite ihr alle Geschichten nachlesen könnt. #outdooradvent