Mittlerweile habe ich ja schon bei recht vielen Laufveranstaltungen teilgenommen. Darunter waren kleinere und größere. Aber immer habe ich diese Läufe aus der Sportler-Perspektive erlebt. Und eigentlich ist mir kein Lauf bewusst, der ohne Helfer auskommen würde. Im Gegenteil, es sind zum großen Teil eben jene Helfer, die die Veranstaltungen zu dem machen, was sie sind.

Vor kurzem wurde ein Beitrag in meine Social Media Timeline gespült, wo der Metro Marathon in Düsseldorf noch freiwillige Helfer suchte und ich mir dachte: „Warum eigentlich nicht? Warum sich nicht mal einen Marathon aus Helfersicht anschauen?“. Natürlich habe ich es wieder geschafft, die Deadline für die Anmeldung zu verpassen, aber kurze Zeit später war dennoch die e-mail mit der Nachricht „Du bist im Team!“ im Postfach.

Hüter der Kleiderbeutel

Hüter der Kleiderbeutel

Mein Platz sollte bei der Kleiderbeutelabgabe im Nachzielbereich sein. Das hatte ich zwar nicht bei der Auswahl der möglichen Aufgaben angekreuzt, aber hey, wer sich zu spät meldet, muss halt dahin, wo noch Hilfe benötigt wird.

Dann hiess es also am Sonntag, den 29. April beim Piepen des Weckers um 5:00 Uhr in der Früh aus dem Bett springen. (Kommentar der Gemahlin: „Wärst Du mitgelaufen, hättest Du länger schlafen können!“) Die Bahn um 6:00 Uhr erwischen, um dann gegen 7:00 Uhr am vereinbarten Treffpunkt am Burgplatz in der Düsseldorfer Altstadt zu sein. Und hier trafen zwei Welten aufeinander. Einerseits diejenigen, die offensichtlich am Marathon interessiert waren und andererseits die, die gerade aus den Kneipen fielen. Die einen zu erkennen an den bunten Laufklamotten, die anderen am unsicheren Gang. Der unsichere Gang sollte später auch die Sportler befallen, doch dazu nachher mehr.

Irgendwann war auch das Gepäck-Team zusammen, die Hoodies verteilt und das Tagwerk konnte beginnen. Einige von uns waren schon seit mehreren Jahren bei der Kleiderbeutelabgabe und wussten, wie der Hase läuft. Die Regale wurden beschriftet und schon bald kamen die ersten Läufer, um ihre Klamotten abzugeben. Es war kurz nach halb acht und bis zum Start noch knapp anderthalb Stunden Zeit. Das Wetter war nichts halbes und nichts ganzes, noch kühl, wolkig und Regen war auch noch angesagt. Bei vielen der Läufer, die so früh bei uns waren, herrschte Unsicherheit bezüglich der Klamottenwahl. Laufjacke an oder doch lieber abgeben? Sonnenbrille oder nicht? Lang oder kurz? Einige kamen noch mal zurück, weil sie entweder etwas vergessen hatten oder sie es sich anders überlegt hatten.

Dann kam die große Welle. Es ging auf die Startzeit zu und das Gros der Teilnehmer deponierte seine Kleiderbeutel bei uns im Zelt. So richtig viel Zeit zum einsortieren in die Regale blieb nicht und so bildeten sich teilweise nur grob sortierte Beutel-Berge hinter uns.

Deutlich zu spüren war die Anspannung, Nervosität und Vorfreude auf den Marathon, die ich mittlerweile ja auch nur zu gut kenne. Allen wünschten wir viel Erfolg und gute Beine und der eine oder andere lockere Spruch war zu hören. Als der Ansturm abebbte, fing es plötzlich an zu regnen. Und das nicht zu knapp und ausgerechnet kurz vor dem Start.

Für uns hiess der Start des Marathons erst einmal verschnaufen und einen Kaffee trinken. Leider bekam man bei uns im Zelt auf dem Burgplatz vom Start und der Stimmung dort nichts mit. Auch von der Marathon Party am Mannesmannufer und dem Zielbereich war nichts zu hören. Der Nachzielbereich lag offenbar im akustischen Niemandsland zwischen Start und Ziel.

Wie von den „alten Hasen“ angekündigt, begann für uns nun der zweite Teil der Aufgaben. Die hektisch befüllten Regale wurden wieder ausgeräumt und alle Kleiderbeutel – inklusive der auf den wilden Haufen – schön der Startnummer nach fein säuberlich zurücksortiert. Ohne dieses Aufräumen wäre die Rückgabe wohl in einem heillosen Chaos geendet.

Zwischendurch kamen immer mal wieder Läufer, die das Rennen vorzeitig abbrechen mussten. Einige von ihnen waren patschnass, doch trotz allem hatte niemand schlechte Laune ob des vorzeitigen Endes. Meistens waren die üblichen Wehwechen wie Probleme mit den Knien Gründe für den DNF.

Nachdem die Sortieraktion beendet war, kamen die schnellen Marathonies bereits wieder zu uns, um ihre Wechselsachen zu holen. So blieb eigentlich keine große Pause, um ausgiebig etwas zu essen. Ich hätte sicherlich eine Mittagspause einlegen können, aber die Aktion war zu interessant, als dass ich groß etwas hätte verpassen wollen.

Bald kamen vermehrt, mehr oder weniger erschöpfte, Finisher zu uns an das Zelt. Und damit begann der dritte Teil des Tages und für mich der schönste. Da kamen glückliche Läufer, denen das Endorphin förmlich aus den Ohren schwappte und mit vielen konnte man noch ein Wörtchen wechseln. Selbst dem kapputtesten Sportler konnte man ein Lächeln ins Gesicht zaubern, wenn man zum Finish gratuliert hat. Und viele waren k.o.. Da war er wieder, der unsichere Gang!

Wenn weniger los war, entsponnen sich nach einem „Wie lief’s?“ sehr nette Gespräche. Ein Läufer erzählte, dies wäre sein 166. Marathon. Dagegen bin ich mit drei gefinishten in der Tat noch ein Rookie. Allgemein waren die Ultraläufer, die den Marathon als kurzen Trainingslauf angesehen haben, diejenigen mit der meisten Luft für die längeren Gespräche. Zumindest hatte ich den Eindruck. Andere habe ich auf Finishershirts angesprochen, wie zum Beispiel vom Athen Marathon, bei dem ich ja nun auch mitreden kann.

Am schönsten war die Geschichte eines jungen Burschen, der mit einem breiten Grinsen erzählte, er wäre drei Monate arbeitslos gewesen und hat die Zeit zum Training genutzt. Nun hat er seit ein paar Tagen wieder einen festen Job und obendrein seinen ersten Marathon gefinisht! Läuft bei ihm!

Zum Schluss blieben ein paar Kleiderbeutel übrig, die wir dann zum Info-Point trugen. Ein paar wurden dann von dort abgeholt, von Läufern die entweder mit dem Besenwagen kamen oder, wie einer von ihnen erzählte, aus dem Krankenhaus, wo er mittels Infusion aufgepäppelt wurde. Auch das gehört irgendwie mit zum Marathon. Ich hoffe, auch die anderen haben es gesund wieder nach Hause geschafft.

Was soll ich sagen?  Es hat mir einen riesen Spaß bereitet, mal auf der anderen Seite bei einem Marathon zu stehen, erst das Adrenalin und dann die Endorphine förmlich zu spüren. Bis zu meinem nächsten Marathon vergehen noch ein paar Monate und ich weiss, dass ich mich bei den vielen Helfern bedanken werden, wie sich auch bei uns in Düsseldorf viele Läufer bedankt haben.

P.S. Die Medaille vom Düsseldorf Marathon ist auch schick. Eigentlich müsste ich mir die auch mal durch ein Finish verdienen.