Ich habe einen Plan

Es kann durchaus sein, dass ich meine Umgebung mit der ganzen Lauferei im Moment ein wenig nerve. Aber ich kann nichts dafür. Wenn ich die Augen schliesse, sehe ich das Brandenburger Tor in Berlin und mich durch selbiges hindurchlaufen. Am 25. September. Beim Berlin Marathon. Um dieses Ziel zu erreichen, habe ich mir sogar einen Plan ausgesucht, nach welchem trainiert werden sollte. Ich! Einen Plan!

Was nicht in diesem Plan berücksichtigt war, war unser diesjähriges Urlaubsziel. Ich bin zwar gelaufen, jedoch bei weitem nicht die Einheiten, die vorgesehen waren. Zu heiss. Zu kaputt. Zu steil. Zu viel Verkehr. Mimimimi…

Als ich mir dann noch den großen Zeh derart derbe am Autoreifen gestoßen habe, dass sich der Nagel verabschiedet hat, mir im Supermarkt zwei Damen 0,5 kg schwere Konservendosen auf die nackten Zehen warfen und ich mir beim Canyoning die Fusssohle leicht prellte, habe ich den Trainingsplan aufgegeben. Zumindest für den Urlaub.

Zurück zu Hause der Wiedereinstieg. Die Zeiten passten und dann war da ja noch dieser Halbmarathon, für den wir uns bereits vor dem Urlaub angemeldet hatten. Weil der Plan einen solchen vorsah. Als Standortbestimmung vor dem Marathon. Und siehe da, just am 4. September sollte der Kö-Lauf 2016 in Düsseldorf stattfinden und in diesem Jahr zum ersten Mal mit einem Halbmarathon. Also quasi gleich um die Ecke.

Petrus hasst die 10 Kilometer

Mit Freund Christoph sind wir bei der Startnummernausgabe verabredet. Auf dem Weg dahin, müssen wir uns unterstellen, denn es gießt wie aus Eimern. Hatte ich vor kurzem noch getwittert:

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Video-Link: https://twitter.com/outdoorspirit/status/772336919212589056

muss ich mich wohl nun korrigieren. Petrus liebt den Halbmarathon und hasst die 10 Kilometer Läufer. Denn die werden gerade so richtig naß! Aber eigentlich bin ich ganz froh, dass der Spätsommer eine kurze Pause einlegt, denn schnell laufen bei hohen Temperaturen ist nicht so mein Ding. Und wenn wir naß werden sollten, ist das allemal besser, als bei brütender Hitze seine Runden zu drehen.

Apropos Runden – fünf Runden sollten gelaufen werden. Eine 1,1 Kilometer lange Einführungsrunde über die Kö, gefolgt von 4 fünf Kilometer langen Runden über Kö und durch den Hofgarten.

So langsam stieg die Nervosität. (Die Gemahlin ist übrigens der Meinung, dass ich den ganzen Vormittag schon hibbelig gewesen bin.) Passt alles? Nach Plan (01:46:00) oder Jagd nach einer Bestzeit (01:43:48)? Auf jeden Fall wollte ich einige Dinge für den Marathon ausprobieren.

Laufhosentechnisch zum Beispiel. Aber da will ich jetzt nicht näher drauf eingehen. Trinktaktik (geiles Wort!) – ich verrecke fast jedes Mal, wenn ich versuche, während des Laufens aus einem Becher zu trinken. Also gehen, trinken, weiter laufen. Die Virtual Partner Funktion meiner Garmin Fenix 3 wollte ich ausprobieren (eingestellt auf die Pace meiner bisherigen Bestzeit) und die Live Tracking Funktion, damit die Familie während des Marathons in Berlin weiss, wo ich gerade abhänge.

Mit diesen Gedanken beladen gingen wir zum Starterfeld und reihten uns ein. Die Stimmung war super und mit großem Applaus wurden die letzten Läufer auf der 10 Kilometer Runde im Ziel empfangen. Immer wieder großartig!

Der Halbmarathon zum Kölauf 2016

Der Halbmarathon zum Kölauf 2016

Das Rennen

Es geht los. Etwas über eintausend Läufer setzen sich in Bewegung. Kurze Absprache mit Christoph – Keine Gefangenen, jeder läuft sein Tempo! Es ist voll! Ziemlich voll! Ich muss höllisch aufpassen, niemandem in die Hacken zu latschen. Im Slalom geht es um die anderen Läufer rum. Die Einführungsrunde auf der Kö ist schnell rum, zweimal der Gemahlin und den Freunden winken und schon kommt der erste Getränkestand. Das ist mir jetzt aber doch zu früh. Also weiter…

Es geht in den Hofgarten. Erwähnte ich, dass mittlerweile die Sonne rauskam? Unter den Bäumen hatte ich das Gefühl, durch ein Tropenhaus im Zoo zu laufen. Na das kann ja heiter werden. Mittlerweile hatte sich das Feld etwas entzerrt und ich fand mein Tempo. Ein kurzer Blick auf die Uhr – es funktioniert. Rennatmosphäre, Adrenalin und andere Läufer sorgen dafür, dass die Pace bei unter 5 Minuten pro Kilometer liegt. Teilweise deutlich drunter. Ich weiss, dass ist für mich schnell, vielleicht zu schnell. Aber hey, es hat schon einmal funktioniert.

Es geht zurück auf die Kö, abklatschen mit der Gemahlin, Wendepunkt. Hä? Was soll das jetzt? Die Strecke wurde verlegt? Ein kleiner Schlenker wurde eingebaut, bevor der Weg wieder auf die Kö ging. Fehlten da ein paar Meter?

Die Stimmung auf der Kö war super! Im Hofgarten musste man aufpassen, nicht ein paar Pokemon Jäger über den Haufen zu rennen.

Ansonsten blieb ich bei meiner Renntaktik. An jedem weiteren Getränkestand Flüssigkeit nachtanken, im Gehen trinken und weiter. Nach ca. 10 Kilometern ein Gel einwerfen. Ansonsten so laufen, dass die Pace unter 5 bleibt.

Nach etwa der Hälfte der Strecke habe ich mal den Virtual Partner auf der Fenix konsultiert – er lief ca. eine Minute hinter mir! Ui, da geht was! Das musst Du jetzt nur noch ins Ziel retten!

Die Sohle meines rechten Laufschuhs quietscht. In den ruhigen Abschnitten versuche ich das Geräusch durch angepasstes Abrollen zu verhindern. Es gelingt mir nicht, es nervt! Auf der Kö hört man das Geräusch nicht.

Zwischendurch komme ich mir vor wie ein Nerd. Ein Läufer schliesst auf, meine Uhr piept und er fragt nach der Pace. Dabei war es nur ein Mention bei Twitter! Ich drücke die Nachricht weg, bestätige ihm die Pace und er zieht von dannen.

Der Virtual Partner ist ein Arschloch! Mit gleichmässigem Pace kommt er näher! Mittlerweile liegt mein Vorsprung bei 35 – 45 Sekunden. Das wird eng! Ich rechne im Kopf, auf welche Pace ich runtergehen könnte, um trotzdem noch vor meinem eigenen Ich ins Ziel zu kommen. Und suche trotzdem mein Heil in der Flucht. Weit ist es nicht mehr. Den Weg kenne ich ja mittlerweile, bin ja schliesslich auf der letzten Runde.

Die letzte Getränkestation naht. Ich habe nur noch 22 Sekunden Vorsprung vor meinem eigenen Rekord. Nix da, jetzt wird nicht mehr angehalten! Ich laufe nur noch gegen mich selbst. Die Zahlen am Handgelenk sind unerbittlich.

Der Schlenker – nichts los hier, zurück auf die Kö. Die Ordner sortieren in Finisher und diejenigen, die noch eine Runde müssen. Es piept, ich drücke auf Stop, jemand reicht mir eine Medaille. Es hat geklappt! Ich bin vor meinem eigenen Schatten ins Ziel gelaufen!

Yesss! Neue persönliche Bestzeit über den Halbmarathon!

Yesss! Neue persönliche Bestzeit über den Halbmarathon!

Doch meine Fenix bezweifelt das! Es fehlen etwa 100 Meter. Aber selbst das hätte zur neuen Bestzeit gereicht, denn die offizielle Uhr blieb bei 01:42:38 stehen.

Die zwei Becher Iso-Getränk und das alkoholfreie Paulaner verdunsteten direkt auf dem Weg zum Magen. Nach sehr guten 01:55:00 kommt auch Christoph ins Ziel. Es war sein erster „richtiger“ Halbmarathon. Respekt!

Was bleibt zu sagen?

  • Die Stimmung war gut!
  • Ich habe mein Setup für den Marathon gefunden.
  • Berlin, ich komme!
  • Danke Düsseldorf!