Eigentlich wollte ich das Jahr 2008 eines Cachers würdig ausklingen lassen und einen zünftigen T4-Cache am 31. Dezember heben. Über Sylvester weilten wir bei Schwiegereltern in Mahlow bei Berlin und eine Suche ergab vielversprechende Caches der gesuchten Schwierigkeit in relativer Nähe. Der Cache GGPW5 – Auf da Wiesn sollte es sein. Die Beschreibung versprach eine ca. 17 Kilometer lange Wanderung. Gesagt – Getan. Bei schönstem Winterwetter machte ich mich auf die Suche. Die Sonne lachte vom Winterhimmel und vor den knapp minus fünf Grad Celsius versteckte ich mich hinter ordentlich Softshell Material.

Unterwegs warten eigentlich keine sonderlichen Schwierigkeiten auf den geneigten Cacher, denn hier ist der Weg das Ziel. Zusammen mit dem Final natürlich, aber darauf will ich später noch einmal eingehen. Die Wege sind abwechslungsreich, da man teilweise über Wiesen stapft oder über befestigte Wege läuft, die offensichtlich noch aus DDR Zeiten stammen. Die Stationen bestehen aus Fragen, die man vor Ort beantwortet und dann die nächsten Koordinaten berechnet.

Gleich zu Anfang sah ich deutliche Spuren von Wildschweinen und konzentrierte mich auf drei Dinge: das GPS, die Wildschweine und einen möglichen Fluchtbaum. ;-) Doch im Moment werden die Tierchen andere Probleme haben und die Zeit der Frischlinge steht uns ja erst noch bevor, so dass eigentlich kein Grund zur Besorgnis bestand. Irgendwann hatte ich mich warmgelaufen und die Mütze und Handschuhe verschwanden im Rucksack. Leider muss man zu dieser Jahreszeit auf die Annehmlichkeiten eines unterwegs auftauchenden Biergartens verzichten, aber eine winterliche Wanderung hat ebenso ihre Reize. Meine Trackaufzeichnung verriet mir eben, dass ich auf dieser Runde 18,8 Kilometer zurückgelegt habe. Und wo die Differenz zu den in der Cachebeschreibung genannten 17 Kilometern herrührt, weiss ich auch ziemlich genau. An einer Stelle habe ich erst den falschen Weg gewählt, da mir die Topo-Karte keine sonderliche Hilfe war. Ja und der Rest kommt vom Herumirren am vermutetem Final.

Auch hier zeigt sich mit aller Macht die allumfassende Weisheit des Spruches: „Wer lesen kann ist klar im Vorteil!“. „Wer dann noch die Grundrechenarten beherrscht, ist eigentlich nicht mehr zu schlagen“ bin ich geneigt, hier noch zu ergänzen. Es zeigte sich nämlich, dass ich an gänzlich falscher Stelle suchte und herumirrte. So etwas wurmt mich. Fast 20 Kilometer gewandert und dann am Final versagt.

Zum Glück hatten die Owner ein Herz für Cacher aus der Fremde und wiesen mich nach Anfrage dezent auf eine falsch gelöste Aufgabe hin. Ich Depp! Mit neu errechneten Koordinaten bin ich dann 2. Januar noch einmal ins Zielgebiet. Und endlich hielt ich den Cache in den Händen!

Eine Sache hat mich dann aber doch etwas länger beschäftigt, als die eigentliche Cachesuche. Auf dem Weg stiess ich auf einen Graben mit Betontrümmern und schliesslich auf eine relativ grosses Objekt aus Beton. Gut, wir befinden uns ja in der Nähe von Berlin, doch dieser Schauplatz wollte mir nicht aus dem Kopf.

Mein erster Gedanke war, dass es sich um alte Befestigungsanlagen aus dem zweiten Weltkrieg handeln würde, da die Anlage stark an einen Schützengraben erinnerte. Wieder zuhause setzte ich mich an den Rechner und sah mal nach, was Onkel Google zu dem Thema denn so hergab. Und die Ergebnisse machten mich betroffen. Ich fand keine Hinweise auf irgendwelche Sperrgürtel um Berlin oder ähnliches. In Genshagen – so heisst der naheliegende Ort – befand sich ein Rüstungsbetrieb. Bereits im Jahre 1935 beschlossen die Daimler-Benz-AG und das Reichsluftfahrtministerium in Genshagen eine Fertigungsanlage für Flugzeugmotoren zu errichten. In direkter Nachbarschaft sollte zudem ein Scheinwerk entstehen, um eventuelle Bombenangriffe zu erschweren. Ich habe keine Ahnung, in welcher Beziehung die gefunden Trümmer zu dieser Anlage stehen, doch der Schluss liegt nahe, dass eine solche besteht.

Um die anvisierten Stückzahlen der Produktion zu erreichen wurden auch Zwangsarbeiter eingesetzt. Zu diesem Zweck wurde auf dem Gelände der Fabrik das KZ-Aussenlager Genshagen errichtet. Es gibt ein Buch, welches sich mit der Struktur und der Wahrnehmung der Zwangsarbeit in einem Rüstungsbetrieb auseinandersetzt und dabei speziell auf Genshagen eingeht. Ein bisschen mehr Informationen findet man auch in diesem Buch. In den letzten beiden Kriegsjahren versuchte man – wie oft in solchen Fällen – die Produktion in unterirdische Anlagen zu verlagern – den so genannten U-Verlagerungen. Immer öfter wurde Genshagen zum Ziel alliierter Bomberverbände. Selbst hier finden sich Informationen im Netz, nämlich hier und hier.

Über das Schicksal der Zwangsarbeiterinnen gibt es wohl auch einen Dokumentarfilm: „Der Stern und sein Schatten“.

So sorgten ein paar Betonbrocken im verschneiten Wald dafür, dass aus einer sorglosen Cachingtour eine nachdenkliche Reise in die Vergangenheit wurde. Auch deswegen ist mir dieser Cache ein Spotlight wert.