Wenn ich so im Rückblick die Themen dieses Blogs betrachte, wundert es mich eigentlich schon, dass Canyoning hier noch nicht thematisiert wurde. Ein nahezu sträfliches Versäumnis. Dabei bietet Canyoning so ziemlich alles, was diesen Blog ausmacht – Berge, Wildwasser, Klettern und vor allem, man kann einen Helm tragen!

Canyoning bedeutet das Begehen einer Schlucht mittels Springen, Abseilen, Rutschen, Klettern oder auch Schwimmen. Dabei bedient man sich diverser Kletterausrüstung und ist mit Neopren, Klettergurt und eben dem Helm ausgestattet. Seit den 90er Jahren hat sich die Sportart etabliert und erfreut sich auch hierzulande einer wachsenden Beliebtheit.

Wie gesagt, auf der To-Do Liste stand Canyoning schon eine ganze Weile und im vergangenen Sommer sollte es endlich soweit sein. Unser Familienurlaub führte uns unter anderem ins schöne Allgäu, wo wir am Grüntensee bei Wertach unser Basislager aufschlugen.

Irgendwo fiel uns dann ein Flyer von den Canyonauten in die Hände und wir mussten gar nicht lange überlegen, ob wir Lust auf eine Canyoningtour für Familien hätten. Für Einsteiger und eben Familien haben die Canyonauten den Gunzesrieder Ostertaltobel nahe Immenstadt im Oberallgäu im Programm.

Der erste Gumpen (Foto: canyonauten.de)

Der erste Gumpen (Foto: canyonauten.de)

Treffpunkt für diese Tour ist ein großer Wanderparkplatz bei Gunzesried Säge, wo die Ausrüstung verteilt und angelegt wird. Nach den heissen Wochen zuvor, hatte sich das Wetter nun deutlich verschlechtert und dicke Wolken zogen in Richtung Parkplatz. Noch während wir uns umzogen, begann es leicht zu regnen. Aber hey, nun hatten wir einen Neoprenanzug an und sollten auf der Tour eh naß werden. Also, was soll’s.

Zum Einstieg der Tour gelangt man durch einen ca. 20-minütigen Fussmarsch am Bach entlang. Mittlerweile hatte sich der Regen in einen ordentlichen Wolkenbruch verwandelt und kleine Hagelkörner produzierten lustige Geräusche auf den Helmen. Uns entgegenkommende Wanderer nutzen alle Möglichkeiten, um sich unter zu stellen, sahen aber bereits wie begossene Pudel aus.

Natürlich sorgte der heftige Regen auch dafür, dass der Wasserstand im Bach anstieg und anstelle der sonst wohl eher klaren Fluten, braunes Wasser die Schlucht hinabfloß. Auf die Frage einer Mutter, ob der Regen bzw. der angestiegene Wasserstand keine Gefahr bedeuten würden, kam die beruhigenden Antwort, dass noch für einen weiteren Meter Pegelanstieg Platz wäre, bevor sich die Guides Sorgen machen würden. Dass die Frage nicht ganz unberechtigt war, zeigen immer wieder Unfälle, die passieren, wenn Schluchtengeher von Unwettern überrascht werden.

Ein Brotzeitpavillon markiert den Einstieg in die Schlucht und hier fand – immer noch in strömendem Regen – die Einweisung statt. Unsere Guides Chris, Ale und Jakob wiesen in die Tour ein, machten uns mit der Ausrüstung vertraut und gaben Tipps zur Sicherheit. Dann ging es los.

Spaß trotz des trüben Wassers (Foto: Canyonauten.de)

Spaß trotz des trüben Wassers (Foto: Canyonauten.de)

Der Regen hatte die Wege ziemlich rutschig werden lassen, so dass ich den Eindruck gewann, es sei sicherer, sich im Wasser zu bewegen anstatt an Land. Doch zum ersten Höhepunkt der Tour mussten wir den Landweg nehmen. Zum Glück wurde der Pfad durch ein vorhandenes Seil entschärft. Die Schlucht weitete sich und ein Gumpen tat sich vor uns auf, in welchen sich von rechts ein Wasserfall ergoss. Wir gingen unter dem Wasserfall her zu einer Stelle, wo man in den Gumpen springen oder vielmehr rutschen konnte. Die Stelle zum Springen befand sich nämlich auf der gegenüberliegenden Seite und wer wollte, konnte einen Sprung direkt in das quirlige Wasser des Wasserfalles wagen. Einigen hat das so viel Spass gemacht, dass sie mehrmals gesprungen sind. Ich hatte noch versucht, hinter den Wasserfall zu schwimmen, doch die Wucht des Wasser war zu stark.

Weiter ging es über kleinere und größere Abfälle, entweder rutschend oder springend. Ein oder zwei der Hindernisse wurden an diesem Tag wegen des höheren Wasserstandes allerdings umgangen. Die Sicherheit hatte ganz klar Vorrang.

Hinein in den Wasserfall (Foto: Canyonauten.de)

Hinein in den Wasserfall (Foto: Canyonauten.de)

Irgendwann kamen wir zur ersten Abseilstelle, an der vorhandene Bohrhaken zur Sicherung benutzt wurden. An zwei Seilen wurden wir ca. 6 Meter über eine glitschige und feuchte Wand abgelassen. Der Bach überwand die 6 Meter in einem imposanten Wasserfall, in den wir versuchten von unten hineinzugehen. Es ist immer wieder erstaunlich, wieviel Kraft Wasser entwickeln kann und ich musste mich ein wenig anstrengen, um ins Zentrum des tosenden Wassers zu kommen. Die Kinder brauchten da schon etwas Hilfe und riefen nach der helfenden Hand.

Solche Action-Einlagen wechselten sich oft ab mit seichteren Passagen, in denen wir uns oft treiben liessen. Da der Neopren für ein wenig Auftrieb sorgt, gelang das entspannte Dahingleiten recht gut.

Es folgen noch mehrere Gelegenheiten, vom Felsen in die braunen Fluten zu springen, manche höher, manche niedriger. Und immer ist man angesichts des braunen Wassers auf die Hinweise der Guides angewiesen, wohin man denn springen soll. Aber die Jungs kennen die Schlucht wie ihre Westentasche und können dort wahrscheinlich auch mit verbundenen Augen durch.

Bald stand die Frage im Raum „Abseilen oder Seilrutsche?“ und die einhellige Antwort ging in Richtung Seilrutsche. Das nötige Stahlteil ist fest installiert, so dass die wilde Fahrt auch schon bald los gehen konnte. Karabiner in die Seilrolle einhängen, Schwung holen und ab dafür! Viel zu schnell waren wir auf der anderen Seite. Die Seilrutsche hätte gerne auch etwas länger sein können.

Die Seilrutsche (Foto: Canyonauten.de)

Die Seilrutsche (Foto: Canyonauten.de)

Jetzt ging es relativ gemächlich die letzten Meter dem Wanderparkplatz entgegen, wo die Tour nach 3 bis 4 Stunden typischerweise endet. Bereits hier hörte man die Kinder unisono eine sofortige Wiederholung verlangen. Auch meinen Jungs hat die Tour einen riesigen Spaß gemacht und die anfängliche Skepsis beim Großen verflog nach den ersten Sprüngen ins Wasser.

Wer also mit der Familie dieses Canyoning einmal ausprobieren möchte, dem sei das Allgäu, der Ostertaltobel und auch die Canyonauten durchaus empfohlen. Alles kann, nichts muss und auf die Bedürfnisse der Kinder (und ihrer Eltern) wird eingegangen.

Bei uns war natürlich die Helmkamera wieder dabei und das Resultat könnt ihr hier sehen. Ich habe bei diesem Film bewußt auf Hintergrundmusik verzichtet, weil ich denke, dass die hörbare Begeisterung der Kinder sonst nicht zur Geltung kommen würde.

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Video-Link: https://youtu.be/dCev7IAVNiM

[Dies ist kein gesponserter Beitrag. Die Tour für meine Söhne und mich wurde aus eigener Tasche gezahlt und selbst ausgesucht.]