Vor mehr als zwei Jahren erfuhr ich zum ersten Mal von einem Geocache auf einem Berg namens Weissspitz, welcher bis dato noch nicht geloggt worden war. Details aus der Beschreibung deuteten auf hochalpines Gelände und Gletschergebiet hin und veranlassten mich Rheinländer, den Cache auf die Watchlist zu schieben und die Entwicklung erst mal aus der Ferne zu betrachten. Mit jedem Monat, der ohne Nachricht über einen erfolgreichen FTF verging, wuchs das Verlangen, doch einmal selbst nachzuschauen.

Und so begannen wir ungefähr im November des vergangenen Jahres mit der Planung einer Hochtour, um uns den Cache einmal genauer anzusehen.

Schnell stellte sich heraus, dass dies kein Hauruck-Wochenende werden sollte, sondern dass wir ein schönes entspanntes verlängertes Wochenende in den Bergen verbringen wollten. Und so wurde das Kulturprogramm schnell erweitert und Dietmar stellte eine schöne Tour zusammen. Diese Tour sollte nicht nur die Weissspitze enthalten, sondern uns auch auf den Grossvenediger führen. Und siehe da, auch am Grossvenediger liegt ein Geocache, der jetzt nicht allzu oft geloggt wird.

Für die Planung nutzten wir Google Wave und trugen dort alle Informationen zusammen, sprachen Ausrüstung ab und stimmten uns über die Tour ab. Dann platzte die Nachricht herein, dass der Cache gefunden wurde. Auch gut, so waren wir uns wenigstens sicher, dass die Dose auch wirklich noch vor Ort lag. Im Laufe dieser Vorbereitungen war die Grösse unserer Gruppe grösserer Schwankungen unterworfen. Von einer maximalen Anzahl von 8 Personen schrumpften wir schlussendlich auf 2 zusammen – Dietmar und ich.

Dann war es soweit. Freitag morgen gegen 06:00 Uhr war die Abfahrt in Ratingen vereinbart. Wir sind super nach Prägraten durchgekommen und standen gegen 16:00 Uhr in voller Montur am Parkplatz Bodenalm in Prägraten. Es ist schon interessant, bei 35°C im Schatten mit Schneeschuhen am Rucksack loszulaufen.

Unser erstes Ziel war die Eisseehütte in einer Höhe von 2521 m ü.N.. Die Hütte war nur minimal besetzt, gemütlich und dank eines kleinen Fernsehers konnten wir abends noch das WM-Spiel Uruguay gegen Ghana sehen.

Der Samstag sollte nun der Tag sein, an dem wir auf die Weissspitze gehen. Wir haben den Tag ganz entspannt begonnen und sind erst gegen 10:00 Uhr an der Eisseehütte losgelaufen. Der Plan sah vor, über das Wallhorntoerl auf die Weissspitze aufzusteigen, den Cache zu loggen. Danach sollte es wieder über das Wallhorntoerl und über den Gletscher zum Defreggerhaus gehen.

Bei schönstem Wetter gewannen wir langsam Höhe und hatten die Weissspitze bald vor Augen. Je näher wir dem Berg kamen, desto steiler wurde der Weg. Zuerst auf das Wallhorntoerl und dann nach rechts über den Süd-Ost-Grat auf den Berg. Kurz unterhalb des Wallhorntoerl durchbrachen wir die 3000 m Marke.Vom Wallhorntoerl hat man einen tollen Blick auf den Gletscher und den Grossvenediger – unserer Ziele für den folgenden Tag.

Der letzte Anstieg zum Gipfel besteht aus ein wenig Kletterei im unteren Schwierigkeitsgrad. Die eine oder andere Stelle haben wir, aufgrund von Schnee, Eis und der Tatsache, dass die Rucksäcke dann doch etwas schwerer waren, zusätzlich abgesichert. Hier wurde dann auch der neue Eispickel feierlich eingeweiht.

Am Gipfel auf 3300 m ü.N. angekommen bot sich uns ein traumhafter Anblick. Dieser wurde allerdings etwas durch eine dunkle Wolke getrübt, die aus Richtung Grossvenediger herantrieb. Folgerichtig fing es kurz darauf an, leicht zu regnen und zu graupeln. Zum Glück war dies nur ein kurzes Intermezzo und die Wolken zogen bald vorbei.

Aufgrund der Cachebeschreibung und der Bilder war ziemlich schnell klar, wo sich der Cache versteckt hielt. Dietmar und ich beratschlagten kurz und schmiedeten einen Plan, wie wir an die Dose gelangen wollten. Wenn ich mir so die Beschreibung des Owners und des Erstfinders anschaue, denke ich, dass wir eine dritte „Sommerroute“ zum Cache ausprobiert haben, welche jedoch einen sichernden Seilpartner erfordert. Durch diese Methode gelangte ich schneller als erwartet zum Cache und wieder zurück.

Und siehe da, wir waren immer noch die zweiten in Logbuch. Ein STF nach knapp zweieinhalb Jahren.

Ein kurzer prüfender Rundblick liess uns die ursprünglichen Pläne den Abstieg betreffend kurzfristig ändern. Anstelle des Abstiegs über das Wallhorntoerl entschieden wir uns für die Route über das Frossnitztoerl, was bedeutet, dass man immer schön an einem Grat entlang zum Gletscher herunter klettert. Unten angekommen wurde das Seil angelegt und wir begannen mit der Querung des Gletschers in Richtung Defreggerhaus. Nun war die Zeit schon recht fortgeschritten und die Oberfläche des Gletschers litt unter der Sonneneinstrahlung, was einen recht weichen und matschigen Weg für uns bedeutete. Das Ziel schon fast vor Augen, versank Dietmar mehrere Male bis zum Oberschenkel im sulzigen Schnee. Nun war die Stunde unserer Schneeschuhe gekommen. Derart „bereift“ liessen sich die letzten Meter bis zum festen Untergrund problemlos zurücklegen und wir waren zufrieden, die Schneeschuhe nicht umsonst mitgenommen zu haben.

Ein kurzer Anstieg noch und wir erreichten das Defreggerhaus. Traditionell ist im Defreggerhaus mehr los als in anderen Hütten der Gegend, da sich hier  ein beliebter Ausgangspunkt für Touren zum Grossvenediger befindet. Wir liessen uns das Abendessen schmecken und genossen noch ein Kaltgetränk auf der Hütte. Und so ging ein anstrengender Tag zu Ende, an dem wir insgesamt 10 Stunden unterwegs waren und die eine Hälfte unseres Planes in die Tat umgesetzt hatten. Im Schlafsack liegend bemerkte ich dann auch die Auswirkungen der Höhe. Mein Puls rannte, als ob ich gerade vom Joggen zurück gekommen wäre.

Am Sonntag stand nun der zweite Teil auf dem Plan – der Grossvenediger. Bereits um 05:30 Uhr zogen die ersten Kletterer durch die Hütte und begannen, sich für den Aufstieg vorzubereiten. Meine Güte, sind das alles Bäcker, dass die so früh aufstehen? Seis drum, für einen Sonntag waren wir auch nicht viel besser. Gegen 07:00 Uhr standen wir abmarschbereit vor der Hütte. Einen Teil der Ausrüstung hatten wir in der Hütte deponiert, um Gewicht zu sparen.

Das Wetter war immer noch fantastisch, doch wir konnten bereits sehen, dass der Grossvenediger sein Antlitz in einer weissen Wolke verbarg. Der Weg führt nun von der Hütte nur kurz über Geröll und festen Untergrund und man steht bald am Einstieg zum Gletscher. Hier heisst es jetzt Seil anlegen und den anderen Seilschaften auf einem gut sichtbaren Trampelpfad in Richtung Gipfel folgen. Nachdem wir gestern noch gedacht haben, wir wären lahme Bergenten, schritten wir heute zügig aus und konnten an einigen Seilschaften vorbeiziehen. Je höher wir kamen, umso schlechter wurde die Sicht. So konnten wir den berüchtigten Grat vor dem Gipfel gar nicht geniessen, da man gar nicht sah, wie weit es rechts und links hinab ging. Das muss wohl an mir liegen, denn auch beim Königsjodler Klettersteig war die Sicht auf dem Grat gleich null. Irgendjemand hat wohl etwas dagegen, dass ich schicke Grataufnahmen mache.

Endlich oben! 3660 Meter.

Auf dem Gipfel pfiff der Wind ganz ordentlich und ich vermute, die Temperaturen lagen um den Gefrierpunkt. Die Sichtweite lag bei ca. 10 – 15 Metern und ich war froh, dass Schild auf dem Gipfelkreuz lesen zu können, da dies Teil des Multies ist. Wir schossen die üblichen Fotos am Gipfel und entschieden recht schnell, uns an den Abstieg zu begeben.

Bei diesen Sichtverhältnissen haben sich die Vorteile eines GPS Empfängers auf solchen Toure wieder mal klar gezeigt. Um ein Haar hätten wir den falschen Abzweig genommen und im Abstieg kam uns eine Seilschaft entgegen, die ganz sicher den falschen Abzweig genommen hatten. Für sie bedeutete der Umweg einen erneuten schweisstreibenden Anstieg bis kurz vor den Gipfel.

Einen kurzen Abstecher zum Hohen Aderl haben wir noch eingelegt – dort liegt nämlich das Final des Grossvenediger-Caches. Die Dose liess sich schnell finden und wie auf Bestellung riss die weisse Suppe noch einmal auf und erlaubte einen schönen Blick ins Tal und auf den Gletscher.

Anschliessend stiegen wir weiter über den Gletscher ab, gingen zum Defreggerhaus zurück und genossen lecker Radler, Kaffee und Apfelstrudel. So lässt es sich leben!

Nach einer Pause klaubten wir unsere sieben Sachen zusammen und begannen den Abstieg zur Johannishütte. Nun war unsere Hochtour definitiv vorbei, denn hier gab es feudales Essen, kniehohe Pflanzen und Autos. Wir genossen auf die erfolgreiche Tour noch ein kühles Bier auf der Terrasse, verzogen uns nach innen, als es kühl wurde und keine 10 Minuten später fing es heftig an zu regnen. Na wenn das mal kein Timing ist!

Ich habe die meiste Zeit den Track mit meinem Garmin aufgezeichnet. Am Defreggerhaus waren dann alle Batterien alle. Daher ist der letzte Abschnitt vom Defreggerhaus zur Johannishütte nicht mit aufgezeichnet. Die Trackauswertung ergab bis zum Defreggerhaus eine Gesamtstrecke von ca. 24 Kilometern bei ca. 4080 überwundenen Höhenmetern. Meine Waage zuhause zeigte einen Gewichtsverlust von 2,5 Kilogramm.

venediger_real_justified

Mein Fazit: Das war eine übermässig tolle Tour, die ich von Anfang bis Ende genossen habe. Danke an Dietmar für die sehr angenehme Begleitung – das können wir gerne noch einmal wiederholen. Ausserdem müssen wir ja noch die Steigeisen einweihen, die wir dieses Mal umsonst mitgenommen haben.

Der Rucksack war zwar schwer, aber wir waren auf allerlei Unbill eingerichtet. Und mit dem vielen Proviant im Rucksack hätten wir sicherlich auch den einen oder anderen Tag in einer Schneehöhle überstanden. [Note to myself] Frische Lebensmittel haben halt so ihr Gewicht. Und wenn man schon am Anfang was ißt, sollte man nicht die federleichten Reiswaffeln wählen.

Die Gegend ist einfach fantastisch und bei der Rückfahrt zum Auto habe ich gesehen, dass die Isel im Virgental fliesst – da muss ich auch noch mal drauf paddeln.

[ad#Article bottom]